Universitätsmedizin Göttingen

Tarifauseinandersetzung bei UMG Klinikservice beendet

ver.di kritisiert UMG und Landesregierung für Reallohnverlust von Niedrigverdiener*innen
Pressemitteilung vom 22.05.2023
Tarifauseinandersetzung bei UMG Klinikservice beendet: ver.di kritisiert UMG und Landesregierung für Reallohnverlust von Niedrigverdiener*innen


In der Tarifauseinandersetzung bei der UMG Klinikservice ist es zu einem vorläufigem Abschluss gekommen. Die ver.di-Verhandlungsdelegation hat das letzte Angebot der Geschäftsführung den ver.di-Mitglieder zur Abstimmung vorgelegt. 62% der Mitglieder votierten für Annahme des Angebots, 38% sprachen sich für die Ablehnung aus.

Das Angebot der Geschäftsführung unterscheidet sich im Volumen der Erhöhungen nur wenig von dem, welches sie bereits im Herbst vorgelegen hatte. Der wesentliche Unterschied ist die kürzere Laufzeit bis Mitte 2024, statt Ende 2025. Allerdings wurden auch die ursprünglich angebotenen Lohnerhöhungen entsprechend gekürzt. Die Geschäftsführung hat das Angebot eines „Kurzläufers“ jedoch an die Bedingung geknüpft, dass andere Tarifregelungen etwa zur Versetzung, der Jahressonderzahlung oder einem Ausbildungsanspruch verschlechtert werden.

Thilo Jahn, ver.di-Gewerkschaftssekretär „Es handelt sich weder um einen Kompromiss, noch um ein Verhandlungsergebnis. Die UMG ist den Beschäftigten auch nach 22 Streiktage und 12 Verhandlungsrunden fast gar nicht entgegengekommen. Die UMG besteht auf dem erheblichen Reallohnverlust. Die ver.di-Tarifkommission konnte daher die Annahme des Angebots nicht empfehlen, aber es auch nicht ablehnen, denn viele Kolleg*innen brauchen zweieinhalb Jahre nach der letzten Lohnerhöhung jetzt zumindest etwas mehr Geld.“

Das Angebot sieht einen Tarifabschluss für fast zweieinhalb Jahre vor (Februar 2022 – Juni 2024). Die wichtigsten Punkte:

  • Im Mai dieses Jahres werden die Entgelte um 7% erhöht,
  • zudem werden Einmalzahlungen von insgesamt 1.500 Euro geleistet.
  • Ab dem kommenden Jahr wird Sylvester als tariflicher Feiertag behandelt.

Die Entgeltentwicklung bedeutet für die Kolleg*innen bis zum Ende der Laufzeit einen Reallohnverlust von voraussichtlich 10 – 15%, je nach der weitere Preisentwicklung. Die Beschäftigten werden bereits jetzt unterhalb der amtlichen Niedrig-lohngrenze entlohnt. In Zukunft werden sie sich weiter einschränken müssen, die Einmalzahlungen puffern das nur im Moment etwas ab.

Die UMG gliedert immer mehr Arbeitsplätze in eigene Servicetöchter aus, um den Tarifvertrag der Länder (TV-L) zu unterlaufen. Mittlerweile arbeiten dort rund 15% der UMG-Beschäftigten zu Niedriglöhnen. Die im Göttinger Tageblatt vom 20.05.23 wiedergegebene Aussage des UMG-Pressesprechers, dass alle Tarifbeschäftigten der UMG nach dem TV-L bezahlt werden ist daher nicht richtig.

SPD-Minister Falko Mohrs, der zu einer besseren Lösung hätte beitragen können, bezeichnet das Angebot in einer Antwort auf einen Solidaritätsbrief des Bündnisses „Genug ist genug!“ als „Wertschätzung der Arbeit der Beschäftigten der KSG“. Jahn sieht darin eine geradezu provokante Ignoranz und Missachtung der Beschäftigten aufscheinen „ich fürchte, so etwas kann leider auch zu Politikverdrossenheit und radikalen Wahlentscheidungen verleiten“

Der Minister und die UMG verweisen darauf, dass die Krankenhausfinanzierung diese Entgeltsteigerung nicht tragen würde. Ein Argument, das Jahn nicht gelten lässt: „Insbesondere die Maximalversorger sind strukturell unterfinanziert, das ist unbestritten. Daher ist keine einzige Ausgabe des Krankenhauses vollständig refinanziert – weder die Löhne, noch die üppigeren Vergütungen des UMG-Spitzenpersonals, die Energiekosten oder die notwendigen Instandhaltungsarbeiten. Krankenhausleistungen werden überwiegend pauschal pro Fall bezahlt, nicht nach dem tatsächlichen Aufwand. Es ist deshalb pure Ideologie, die Ursachen des alljährlichen Defizits der UMG ausgerechnet bei den am geringsten bezahlten Beschäftigten zu suchen.“

Stellungnahmen von Beschäftigten:

  • Daniel Wölfer (BR-Vorsitzender): „Mit dem Lohn wird die UMG Klinikservice auch weiter kaum Personal finden. Dass die ZOP Reinigung nun an eine Fremdfirma vergeben werden soll, ist ein Skandal und ein zusätzlicher Schlag ins Gesicht für die Kolleg*innen.“

  • Emrah Yesilyurt (ZOP-Reinigung, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): „Ich bin enttäuscht von der UMG, dass sie unsere Leistung in der ZOP Reinigung nicht wert-schätzt.“

  • Stephanie Mitbauer (Reinigung Intensivstation, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): "Die paar Prozente mehr bringen uns fast nichts, und vom TV-L entfernen wir uns noch weiter. Dass Leute in Elternzeit den Anspruch auf Jahres-sonderzahlung verlieren ist eine Schweinerei und viele haben Angst davor, öfter versetzt zu werden. Der Arbeitgeber nutzt die Not der Angestellten aus."

  • Daniel Kohnert (ZOP-Patientenlagerung, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): „Die KSG-Beschäftigten hatten bei der Abstimmung die Wahl zwischen Pest und Cholera – die Pest hat gewonnen. Jetzt reicht das Geld bis zum 28., statt bis zum 25. eines Monats.“

  • Carola Behrend (Wäscherei, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): „Das ist besser als gar nichts. Noch weiter streiken mit unklarem Ausgang ist für viele auch finanziell schwierig.“

  • Christina Vicente (Reinigung Intensivstation): „Wie mit uns umgegangen wird, finde ich bedrückend. Es müssen sich einfach mehr trauen, dagegen den Mund auf-zumachen. Ich kann mit dem Ergebnis trotzdem leben, denn mit meinem zweiten Job komme ich über die Runden.“

  • Otfried Wolf (Krankentransportdienst): „Ich bin extra wieder ver.di-Mitglied geworden, um mit ,Annahme' zu stimmen, denn bei der KSG ist die Bezahlung immer noch besser als in vielen anderen Firmen, wo es nur den Mindestlohn gibt. Außerdem mag ich die Arbeit in der Klinik.“

  • Heike Demirel (Reinigung Uni-Gebäude, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): „Ich finde das Ergebnis nicht gut, aber bevor wir gar nichts kriegen, möchte ich es lieber annehmen, es gilt ja nur für ein Jahr. Die Kosten steigen immer weiter und da ist ein bisschen mehr besser als gar nichts.“

  • Marika Lüer (Reinigung Normalstation, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): „Wir haben mit dem Minister, dem Staatssekretär und Abgeordneten gesprochen. Ich habe sogar Herrn Weil auf dem Marktplatz eine Frage gestellt – alle waren freundlich und hatten ein offenes Ohr, aber für uns eingesetzt hat sich niemand. Leider hat die Reinigung keine Lobby. Das ist schon sehr enttäuschend.“

  • Jens-Andreas Schmidt (ZOP Lagerung, Mitglied der ver.di-Tarifkommission): „Mit dieser Feindlichkeit und Ignoranz gegenüber den KSG-Beschäftigten haben wir nicht gerechnet. Wir appellieren daher an alle Beschäftigten, in der nächsten Aus-einandersetzung mitzuziehen. Die UMG und die Landesregierung sollte alle UMG-Beschäftigten sozial verantwortlich und gleich behandeln.“

 

Pressekontakt

Sebastian Wertmüller
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